Inkontinenz: Ursachen, Formen, Symptome und Behandlung

Der Toilettengang ist ein weitgehend tabuisiertes Thema. Falls in diesem Zusammenhang gesundheitliche Beschwerden auftreten, ist es für Betroffene meistens unangenehm, diese zur Sprache zu bringen. Viele Menschen machen jedoch im Laufe ihres Lebens Erfahrungen mit ungewolltem Harn- und Stuhlverlust. Hier erfahren Sie mehr über Ursachen, Formen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten der Inkontinenz.

Inkontinenz – eine Definition

Der Begriff Inkontinenz leitet sich vom lateinischen Wort incontinentia ab und bedeutet übersetzt „zurückhalten“ oder „Selbstbeherrschung“. Umgangssprachlich wird dieses gesundheitliche Problem Blasenschwäche genannt. Somit bezeichnet sie die Unfähigkeit, den Harn zurückzuhalten. In selteneren Fällen verlieren Betroffene die Kontrolle über ihren Stuhlgang.

Gesunde Menschen entscheiden selbst, wann es sie auf die Toilette treibt. Bei Inkontinenz hingegen ist die natürliche Funktion der Harnblase bzw. des Kontinenzorgans Anorektum gestört. Die Harn- und Stuhlausscheidung passiert deshalb unkontrolliert und unwillkürlich.

Inkontinenz Toilettengang
Bei Inkontinenz ist ein normaler Toilettengang erschwert.

Ursachen der Inkontinenz

Die Palette der möglichen Ursachen ist breit. Eine Blasenüberaktivität und ein nicht funktionierender Schließmuskel sind z. B. mögliche Gründe. Zudem kann eine Beeinträchtigung der Schaltzentrale im Gehirn und der Nervenbahnen der Auslöser sein.

Gehirn und Harnblase sind über Nervenbahnen miteinander verbunden. Sobald die Harnblase eine Flüssigkeitsmenge von etwa 300 ml erreicht hat, gibt die Harnblase dem Gehirn zu verstehen, dass sie zu entleeren ist. Für die Stuhlinkontinenz kann z. B. eine Darmverengung verantwortlich sein.

Formen und Symptome der Inkontinenz

Eine Inkontinenz zeigt sich in verschiedenen Formen. So ist zwischen der Harninkontinenz und der vergleichsweise seltenen Stuhlinkontinenz zu unterscheiden. Mit jeder dieser Formen gehen bestimmte Symptome einher.

Harninkontinenz

Bei der Harninkontinenz – auch als Blasenschwäche, schwache Blase, Harnverlust oder unfreiwilliger Harndrang bekannt – unterscheidet man zwischen fünf verschiedenen Erscheinungsformen. Die beiden häufigsten Formen sind (sowohl bei Männern als auch Frauen) die Belastungs- und Dranginkontinenz.

Belastungsinkontinenz

Diese Erscheinungsform findet ihre Ursache – wie ihr Name bereits vorweg nimmt – in körperlicher Belastung. So führen zum Beispiel Husten oder Lachen zu einem erhöhten Druck im Bauchraum, sodass Betroffene unwillkürlich Urin verlieren. Wenn die Belastungsinkontinenz stark ausgeprägt ist, geht der Urin bei jeder Bewegung ab, ohne dass Betroffene einen Harndrang wahrnehmen.

Inkontinenz Mann husten
Bei einer Belastungsinkontinenz kann bereits Husten zu einem unfreiwilligen Harnverlust führen.

In diesem Fall ist die Beckenbodenmuskulatur der Betroffenen in Mitleidenschaft gezogen. Sie kann durch Operationen oder Verletzungen (z. B. bei der Geburt eines Kindes) beeinträchtigt sein. Frauen sind davon häufiger als Männer betroffen, da sie ein breiteres Becken und eine oftmals schwächere Beckenbodenmuskulatur haben.

Dranginkontinenz

Hier tritt der Harndrang plötzlich und sehr häufig – in manchen Fällen mehrmals pro Stunde – auf. Das Signal zur Harnentleerung wird ausgesandt, noch bevor die Blase überhaupt voll ist. Häufig geht der Urin schwallartig ab, sodass es Betroffene gar nicht mehr bis zur Toilette schaffen.

Die Ursachen sind davon abhängig, ob es sich um eine motorische oder sensorische Ausprägungsform handelt. Die motorische kann durch neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Demenz oder Schlaganfall begründet werden. Die sensorische hingegen wird durch äußere Einflüsse bedingt (z. B. Übergewicht, Tumore, Veränderungen der Prostata).

Extraurethrale Harninkontinenz

Die extraurethrale Harninkontinenz ist ein äußerst seltene Erscheinungsform. Patienten verlieren dabei ständig Urin – sie haben jegliche Kontrolle über ihren Harn verloren. Der Urin wird jedoch nicht über die Harnwege, sondern über andere Öffnungen, wie After oder Scheide ausgeschieden. Die Ursache kann unter anderem eine angeborene Fehlbildung der unteren Harnleiter sein.

Reflexinkontinenz

Bei dieser Form spüren Betroffene nicht, wenn die Blase voll ist. Sie können die Harnentleerung nicht mehr selbst steuern. Somit entleert sich die Blase in unregelmäßigen Abständen von selbst – allerdings nicht vollständig. Die Reflexinkontinenz tritt beispielsweise bei Rückenmarksverletzungen wie Querschnittslähmung auf.

Inkontinenz Ursachen Querschnittslähmung
Eine mögliche Ursache für Reflexinkontinenz ist eine Querschnittslähmung.

Überlaufinkontinenz

Sobald die Blase einmal voll ist, entleert sie sich nur tröpfchenweise. Trotz Harndrang wird die Blase nicht mehr vollständig entleert. Eine sogenannte Überlaufinkontinenz kann sich schlimmstenfalls so äußern, dass Patienten durchgehend einen Harndrang verspüren – man spricht von einer chronischen Blasenschwäche.

Diese hat mehrere Gründe. Mögliche Ursachen sind beispielsweise ein schwacher Blasenmuskel oder ein Hindernis, das die Harnausscheidung erschwert. Zudem können eine vergrößerte Prostata oder eine geschwächte Blasenmuskulatur eine Überlaufinkontinenz hervorrufen.

Stuhlinkontinenz

Bei der Stuhlinkontinenz ist es nicht der Harn, den Patienten nicht zurückhalten können, sondern der Darminhalt im Enddarm. Meistens liegt eine Störung des Verschlussapparates des Afters zugrunde. Insgesamt gibt es drei Ausprägungsformen.

  • Ausprägung 1. Grades: Hier kommt es wiederholt zu einem unkontrolliertem Abgang von Luft und einem gleichzeitigen Stuhlschmieren. Damit ist die unbemerkte Ausscheidung kleinerer Stuhlmengen gemeint.
  • Ausprägung 2. Grades: In diesem Fall können Betroffene Darmgase und einen dünnen Stuhl nicht mehr zurückhalten.
  • Totalinkontinenz: Betroffene erleben einen vollkommenen Kontrollverlust über ihre Darmentleerung.

Inkontinenz nach der Geburt eines Kindes?

Schwangerschaft und Geburt verändern den weiblichen Körper. Bei der Entbindung kann es zu einer Verletzung oder Überdehnung des Beckenbodens kommen. Die gelockerte Beckenbodenmuskulatur führt dazu, dass der Blasenschließmuskel nicht mehr vollständig kontrolliert werden kann. Das Ergebnis: ein unfreiwilliger Harnverlust.

Zur Vorbeugung empfiehlt sich gezielte Schwangerschaftsgymnastik zur Stärkung des Beckenbodens. Dadurch kann die Dehnbarkeit des Beckenbodens trainiert werden. Nach der Geburt ist ein regelmäßiges Beckenbodentraining empfehlenswert.

Inkontinenz Frau Geburt
Regelmäßiges Beckenbodentraining hilft, um einer Inkontinenz nach der Geburt eines Kindes vorzubeugen.

Inkontinenz bei Mann und Frau

Die Belastungs- und Dranginkontinenz sind die häufigsten Formen, die bei beiden Geschlechtern auftreten. Grundsätzlich sind jedoch Frauen öfter davon betroffen als Männer. Das liegt in ihrer Natur: Schwangerschaften, Geburten, eine mit zunehmendem Alter erschlaffende Beckenbodenmuskulatur und hormonelle Veränderungen bewirken die Unfähigkeit, Harn oder Stuhl zurückzuhalten.

Männer erkranken vermehrt an der Inkontinenz, wenn ihr Schließmuskel verletzt oder sie an der Prostata operiert worden sind. Außerdem kann eine vergrößerte Prostata der Auslöser sein. Betroffene leiden in diesen Fällen unter einer überaktiven Blase oder Restharnbildung.

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Therapie bei Blasenschwäche

Zur Behandlung einer Blasenschwäche gibt es – je nach Ausprägungsform – verschiedene Möglichkeiten. Hier erfahren Sie mehr über die Therapie von Belastungs- und Dranginkontinenz – den beiden häufigsten Ausprägungsformen.

Belastungsinkontinenz

Weil die Belastungsinkontinenz auf einer geschwächten Beckenbodenmuskulatur beruht, wird in den meisten Fällen auf eine sogenannte konservative Therapie gesetzt. Dabei soll regelmäßiges Beckenbodentraining die Muskulatur stärken.

Auch eine Gewichtsreduktion und Veränderung der Lebensumstände (z. B. gezielte Behandlung von chronischem Husten, kein Heben von schweren Gegenständen, keine harntreibenden Getränke) können hier helfen.

Dranginkontinenz

Eine Dranginkontinenz kann gut mit Medikamenten in Kombination mit Blasentraining behandelt werden. Beim Blasentraining werden neue Verhaltensweisen trainiert. So sollen Betroffene bei einem plötzlichen Harndrang nicht sofort zur Toilette eilen.

Stattdessen sind sie dazu aufgerufen, den Drang durch gezielte Anspannung der Beckenbodenmuskulatur zurückzuhalten. Erst nach etwa 20 Sekunden, sobald der Harndrang vorüber ist, dürfen sie zur Toilette gehen.

Dranginkotinenz
Bei Dranginkontinenz ist es wichtig, dem Harndrang nicht jedes mal sofort nachzugeben,

Hilfsmittel gegen Blasenschwäche

Obwohl sich die Behandlungsmöglichkeiten der einzelnen Erscheinungsformen voneinander unterscheiden, gibt es zusätzliche Hilfsmittel, wie zum Beispiel Erwachsenenwindeln. Diese erleichtern den Umgang mit Blasenschwäche im alltäglichen Leben. Die folgenden Hilfsmittel stehen zur Auswahl.

Inkontinenzeinlagen

Inkontinenzeinlagen erinnern im ersten Moment an herkömmliche Slipeinlagen. Sie sehen gleich aus und funktionieren nach demselben Prinzip. Auf der Unterseite ist ein Klebestreifen, mit dem die Einlage in der Unterwäsche festgemacht werden kann.

Die Einlagen eignen sich nur für leichte bis mittlere Blasenschwäche, weil die Aufnahmekapazität eingeschränkt ist. Es ist deshalb möglich, sie in regulärer Unterwäsche zu tragen.

Inkontinenzvorlagen

Inkontinenzvorlagen sind größer als Einlagen und haben keinen Klebestreifen auf der Rückseite. Somit muss spezielle Unterwäsche getragen werden. Auf diese Weise verrutscht die Vorlage nicht. Weil die Saugleistung der Vorlage größer als jene der Einlage ist, eignet sie sich bei schweren Fällen.

Inkontinenzhosen

Inkontinenzhosen – auch als Fixier- oder Netzhosen bezeichnet – dienen dazu, die Vorlage zu fixieren. Sie werden wie normale Unterwäsche getragen – allerdings umschließen sie zusätzlich den Oberschenkel. Die Hosen liegen besonders eng an der Haut an, damit kein Harn ausweichen kann.

Ist die Inkontinenz heilbar?

Blasenschwäche ist in den meisten Fällen heilbar. Wenn die Ursachen bekannt sind, helfen gezielte Behandlungsmöglichkeiten zur Linderung und zum Abebben der jeweiligen Symptome. Neben einer entsprechenden Therapie erleichtern zudem kleine Alltagshilfen wie etwa spezielle Einlagen das Leben mit diesem gesundheitlichen Problem. So sind Sie schnell wieder unbeschwert unterwegs!


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